MethGrid: Wärme, Strom und Gas lokal klug vernetzen.

Damit die Energiewende gelingt, genügt es nicht, sich auf einige wenige Technologien zu fokussieren. Es ist auch nicht zielführend, einzelne Sektoren, Energieformen und Verteilebenen sowie Energiezellen unseres Energiesystems getrennt voneinander zu optimieren. Denn in vielen Fällen lassen sich die vorhandenen Energieressourcen nur dann schnell bestmöglich nutzen, wenn die drei Sektoren Strom, Wärme und Verkehr miteinander schon heute unter Beachtung des Infrastrukturbestands gekoppelt werden. Das wird in MethGrid in einer praktisch handhabbaren Untereinheit auf Quartiersebene des Energiesystems untersucht, in einem sogenannten Microgrid. Beispielhaft wird hier der Binnenhafen Karlsruhe betrachtet, der im Kleinen das Energiesystem wiederspiegelt. Die Bestandteile, die vor Ort noch fehlen, aber für die Energiewende wichtig sind, werden für die Simulation mitgedacht. So kommt ein Gesamtsystem aus den drei genannten Sektoren zustande, das sowohl die Komponenten Infrastruktur (Strom-, Gas- und Wärmenetz) als auch Energiewandler (wie Windräder, Solarzellen, Power-to-Gas-Anlagen und Wärmetauscher) und Verbraucher (wie Industrie, Gewerbe, Haushalte, straßengebundener Verkehr, städtische Busse und Schiffe) enthält.

Als Kopplungselement zwischen den drei Sektoren Strom, Wärme und Verkehr spielt EE-Methan eine zentrale Rolle. Das aus erneuerbarem Strom in einem PtG-Prozess oder aus Biomasse erzeugte Gas kann zwischengespeichert und, je nach Anwendungszweck, komprimiert (C-EE-Methan) oder verflüssigt (L-EE-Methan) werden. Mit ersterem wird die Versorgung u.a. einer auf Gasantrieben basierenden Busflotte des ÖPNV und die Wiederverstromung nach z.B. saisonaler Zwischenspeicherung untersucht, mit letzterem der Aufbau eines Verteilpunkts für flüssiges EE-Methan, ein sogenannter LRG-Hub (‚liquefied renewable gas‘-Zwischenspeicher) für die Nutzung zum Beispiel in der Schifffahrt, als Peakshaving und als LKW-Kraftstoff.

Die in MethGrid durchgeführten Simulationen sind eng verknüpft mit den technologischen Entwicklungen in den Verbünden MethFuel, MethCar, MethPower und MethMare. Diese vier Verbünde liefern relevante Kennzahlen an MethGrid, um die Simulationen praxisrelevant auszuführen. Des Weiteren werden Ergebnisse und abgeleitete Anforderungen rückgespielt, um die dort untersuchten Technologien schon für die Sektorenkopplung vorzubereiten und zu optimieren.

Konzeption und Simulation eines Microgrids

In MethGrid konzeptionieren die Partner im ersten Schritt verschiedene Ansätze für Microgrids wie z.B. Autarkie oder Synergien mit anderen Energiezellen und Netzen. Im nachfolgenden Schritt werden die Ansätze in Modelica abgebildet und danach auf Basis von Szenarien und unter Beachtung von regulatorischen sowie energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen dynamisch simuliert. In den Simulationen stehen Optimierungen nach Kosten, CO2-Emissionen, Flexibilisierung und Systemstabilität im Fokus. Die Simulationen des Microgrids zielen darauf, erstmals ein Konzept zur praktischen Umsetzung eines kompletten, sektorenübergreifenden zellularen Energiesystems am Beispiel eines Hafens zu präsentieren. Dadurch wird es möglich sein, Beeinflussungen und Abhängigkeiten der unterschiedlichen Komponenten des Energiesystems auf- und voneinander direkt und ohne Einschränkungen zu analysieren und zu optimieren.

Um die Umsetzung in die Praxis vorzubereiten, entwickeln die Partner in MethGrid auch ein Automatisierungs- und Steuerungskonzept für den Betrieb des Microgrids. Dabei ist hervorzuheben, dass in die Modellierung reale Daten des Hafens und der Komponenten einfließen. Gerade diese Realitätsnähe sorgt dafür, dass abschließend ein praktikables Umsetzungskonzept erarbeitet werden kann. Die Ergebnisse werden so aufbereitet, dass sie übertragbar auf andere Hafenstandorte und Quartierskonzepte mit hohem industriellen und gewerblichen Anteil sind.

Bild 1: MethGrid untersucht das Zusammenspiel möglicher Komponenten eines Microgrids in einem Hafen.

Einbindung von neuartigen Technologiekonzepten in das Hafengrid

Eine weitere Aufgabe von MethGrid ist die bewertende Einbindung von neuen Technologien, Konzepten und Technologiekombinationen. Z.B. das in MethPower untersuchte BHKW-Konzept innovativer Methanmotor ermöglicht die praktisch direkte Verwendung von BHKW-Abgasströmen als Input für die Synthese in PtG-Anlagen unter Nutzung des Elektrolysesauerstoffs als Oxidationsmittel. Beide Systeme, BHKW-Konzepte aus MethPower und PtG-Konzepte aus MethFuel, werden in MethGrid simulativ gekoppelt. Dadurch lassen sich Synergien heben, die bei getrennter Betrachtung der Technologien nicht zu erkennen sind. Die Simulationen werden hier zahlreiche Optionen zur Verschaltung und zum Betrieb aufzeigen, um den Betrieb kosten- und energieeffizient zu gestalten und die Flexibilität unter Effizienzsteigerung zu erhöhen.

Als weiteres Beispiel zur Flexibilisierung, zur saisonalen Speicherung und zur Kopplung unterschiedlicher Sektoren in MethGrid stellt die Konzeptionierung eines multifunktionalen LRG-Hubs (‚liquefied renewable gas‘-Verteiler) dar. Gerade diese Komponente ist ähnlich wie die Netze mit regionalen und überregionalen Aufgaben gekoppelt und zeigt somit die Wichtigkeit das Energiesystem mitzudenken. Dazu gehören u.a. die Spitzenlastdeckung des baden-württembergischen Gastransportsystems, die Speicherung für die überregionale LRG-Versorgung (LKWs, Schifffahrt und Gasanwendungen fern von Leitungen im Schwarzwald) sowie ein Sammelsystem für L-EE-Methan aus der Region. Die Verknüpfung der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten für einen LRG-Hub stellt eine neuartige Herangehensweise dar, da konventionelle (fossile) LNG-Hubs vor allem als Zwischenspeicher für weltweit gehandeltes LNG dienen. Die Untersuchungen in MethGrid eröffnen innovative Nutzungsmöglichkeiten, die einen wichtigen Beitrag zur Einführung von LNG und LRG in Deutschland leisten.

Die Projektpartner

DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)
Erdgas Südwest GmbH (ESWE) Erdgas Südwest GmbH (ESWE)
keep it green gmbh – partner der energiewirtschaft keep it green gmbh – partner der energiewirtschaft
Rolls-Royce Solutions GmbH Rolls-Royce Solutions GmbH
Stadtwerke Karlsruhe GmbH Stadtwerke Karlsruhe GmbH

Verbundkoordination:

DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des
Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)

Engler-Bunte-Ring 1
76131 Karlsruhe